Am 31. Jänner 2025 feiern wir den 228. Geburtstag des großen österreichischen Komponisten Franz Schubert, der leider viel zu früh, schon mit 31 Jahren, am 19. November 1828, verstorben ist. Die Rezeption seiner Person und seines Werks hat sich in den letzten 200 Jahren entscheidend verändert. Ursprünglich als schwächlicher, sentimentaler Lied-Komponist und verkanntes Genie ohne Einkommen, dafür mit einem schwärmerischen Hang zu unerreichbaren Frauen wahrgenommen, ist sich die zeitgenössische Musikforschung einig, dass Schubert zu einem der größten musikalischen Talente des 19. Jahrhunderts zu zählen ist, der eine Brücke schlug zwischen Klassik und Romantik und vor allem dem Lied als eigenständiger Kunstform zu einem ersten Höhepunkt verholfen hat. Er war nicht so mittellos, wie gerne vermittelt wird, doch dürfte er ein eigenwilliges Verhältnis zu Geld gehabt haben, das er gerne für Feste und Trinkgelage im Freundeskreis ausgab und nicht zur Seite legte.
Schubert hat trotz seines kurzen Lebens in allen Gattungen seiner Zeit Außerordentliches geschaffen und wird in der heutigen Musikwissenschaft neben Beethoven als der Begründer der romantischen Musik im deutschsprachigen Raum angesehen. „Franz Schubert hat eine Welt von Poesie in Musik verwandelt. Er hat das Kunstlied auf eine bis dahin nicht gekannte Höhe geführt.“ ( Dietrich Fischer-Dieskau, Auf den Spuren der Schubert-Lieder. Werden – Wesen – Welten, dtv/Bärenreiter München 1976, S. 9.). Dabei ist nicht eine musikalische Idee leitend, sondern die sprachliche, poetische Vorgabe.
Wer war dieser Mann, im 19. Jahrhundert wegen seiner gedrungenen Figur und seines mondhaft-gedunsenen Aussehens oft als „Schwammerl“ verunglimpft, wirklich? Unzählige Bücher, Filme und wissenschaftliche Arbeiten existieren über den Musiker. Wir wollen uns ihm heute aus astrologischer Sicht annähern.
Dass er nicht der bemitleidenswerte, ärmliche, unscheinbare Künstler war, der sich in hoffnungslosen Schwärmereien verlor, sehen wir Astrolog:innen in seiner Radix. Mit 8 Planeten über dem Horizont, je 4 im 3. und 4. Quadranten, war Schubert ein durchaus geselliger Mensch, der die Umwelt brauchte, um sich selbst erfahren und verwirklichen zu können. Körperliche Belange waren ihm weniger wichtig, so deuten wir einen leeren 1. Quadranten im Horoskop, und auch die Selbstdurchsetzung war nicht seine große Stärke.
Da alle persönlichen Planeten in der oberen Horoskophälfte stehen, wurde Schubert gut wahrgenommen, wirkte jedoch nach außen stärker, als er sich wirklich innerlich fühlte. Der aufsteigende Mondknoten am Aszendent unterstreicht einerseits seine große Empfindsamkeit, weist aber auch darauf hin, dass er lernen musste, allein zurechtzukommen und dabei auf seine innersten Bedürfnisse zu horchen.
Trotz seiner starken Wassermann-Betonung im Horoskop (Sonne, Merkur und Pluto befinden sich in diesem Zeichen) wirkt er auf andere Menschen unmittelbar vor allem durch seinen empfindsamen Krebs-Aszendenten. Überhaupt ist das Wasser-Element in Schuberts Radix betont, was auf eine starke künstlerische Veranlagung, auf Einfühlsamkeit, Sensibilität, Mitgefühl hinweist. Das Zeichen Krebs steht für die eigene seelische Identität, für Natürlichkeit und Ursprünglichkeit und bewirkt ein großes Anlehnungs- und Zärtlichkeitsbedürfnis, ein Bedürfnis nach Wärme, Geborgenheit und Zuwendung. Der Mond als Aszendenten-Herrscher befindet sich im ebenfalls sehr feinfühligen Fische-Zeichen in Konjunktion mit Jupiter, was ihn nochmals sehr gefühlsbetont, verträumt und romantisch macht, aber auch seine weltoffene und begeisterungsfähige Seite zeigt. Der Fische-Mond weist in seiner höchsten Form auf eine geniale künstlerische Begabung hin, kann aber auch in ein Suchtverhalten kippen, wie das bei Schubert wohl auch der Fall war.
Beide, Mond und Jupiter, befinden sich im 10. Haus. Wenn der Geburtsherr (= Aszendentenherrscher) im 10. Haus steht, dann braucht der Mensch zur Selbstverwirklichung die Öffentlichkeit, denn er will sich nach außen präsentieren. Er muss seine Seelenbedürfnisse der Gesellschaft zur Verfügung stellen, somit steht das Lebenswerk mit der ganzen Person in Verbindung. Das Zeichen Fische am MC zeigt, dass der Lebens- und Berufsweg eher intuitiv und kreativ gestaltet wird. Der Mond, noch dazu als Geburtsherr Schuberts allerpersönlichster Planet, bringt ihm in so exponierter Position zwar eine gewisse Beliebtheit, vielleicht sogar Popularität, verleiht ihm aber auch ein gutes Gespür für die Bedürfnisse der Gesellschaft, von der er sich dennoch nicht vereinnahmen lässt.
Dazu kommt, dass nur 3 Tage vor Schuberts Geburt ein Neumond im Zeichen Wassermann stattgefunden hat. Wer in einer zunehmenden Mondphase geboren wird, hat die Lebensaufgabe, etwas auf die Beine zu stellen, und mit Wassermann etwas Neues, Einzigartiges, Unkonventionelles zu schaffen. Da der Mond bis zu Schuberts Geburt aber in das Fische-Zeichen gewandert ist, soll etwas Individuelles in das Kollektiv übergeführt werden, um der Gefahr der Vereinzelung zu entgehen.
Der Mond herrscht nicht nur über den Aszendenten und das 1. Haus, sondern auch über das 2. Haus, welches Begabungen und Talente anzeigt. Mit der Mond-Stellung im 10. Haus muss Schubert sich selbst in der Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen und seine Begabungen der Öffentlichkeit und Gesellschaft zur Verfügung stellen, er hat fast keine andere Wahl.
Hatte er die Wahl oder nicht? Franz Peter wird als 13. von insgesamt 20 Kindern des Lehrers und Musikers Franz Theodor Schubert und seiner Frau Elisabeth geboren, einer ehemaligen Köchin (und Vater Schuberts 2. Frau). Das 4. Haus im Zeichen Jungfrau ist ein Hinweis auf eine pflichtbewusste, anpassungsbereite Lehrerfamilie, das Fische-MC wiederum zeigt uns einen künstlerisch tätigen Vater. Von den Kindern erlebten außer Franz nur 4 ihren 1. Geburtstag, 4 weitere erreichten das Erwachsenenalter. Der Vater erkannte das musikalische Talent seines Sohnes und brachte ihm bereits im Alter von 5 Jahren das Violinspiel bei. Er sorgte außerdem dafür, dass Franz Peter ab 7 Jahren regelmäßigen Orgelunterricht erhielt. Wegen seiner schönen Stimme wurde das Kind im Oktober 1808 als Sängerknabe in die Wiener Hofmusikkapelle und in das kaiserliche Konvikt aufgenommen. Schubert lernte dort viele seiner späteren langjährigen Freunde kennen – wie Joseph von Spaun, Albert Stadler und Anton Holzapfel.
Die Förderung durch die Familie sehen wir in der Radix, da Merkur, der Herrscher des 4. Hauses, sich im 9. Haus befindet (die Familie unterstützt eine höhere Ausbildung). So konnte der kleine Franz sein musikalisches Talent bestmöglich entfalten. Bereits im Alter von 13 Jahren komponierte er seine erste Klavierfantasie, mit 14 ein Streichquartett und verschiedene Lieder.
Als Schuberts Mutter 1812 am Typhus stirbt (in der Progression hat sich die Sonne bis auf wenige Bogenminuten an Pluto angenähert, und das Quadrat zwischen Mond und Saturn ist ganz exakt geworden, zudem ist der progressive Mond in die Opposition zu Mars gegangen), bedeutet das eine grausame Zäsur im Leben des Jungen, der sehr an seiner Mutter hing und sie bis über den Tod hinaus idealisiert hat, wie uns der Geburtsherr in Fische in Konjunktion zu Jupiter mitteilt. Das Problem der seit der frühen Jugend nicht vorhandenen Mutter erkennen wir aber auch im Quadrat zwischen Mond und Saturn im 12. Haus. Es weist auf eine tiefe emotionale Verletzung hin, die in der Folge eine seelische Verschlossenheit auslöst. Unterstrichen wird das noch durch Chiron, der sich im 4. Haus befindet und eine unheilbare Verletzung im Zusammenhang mit der Familie anzeigt. Schubert fühlt sich oft einsam und ungeliebt, er bewegt sich zeitweise am Rand der Depression.
Wie in der Radix angezeigt, gibt es in Schuberts Innenleben 2 widersprüchliche Komponenten: auf der einen Seite sein weicher, sensibler Persönlichkeitsanteil, repräsentiert durch die starke Wasserbetonung mit dem Krebs-Aszendenten, Mond, Jupiter und MC in Fische sowie Neptun in Skorpion. Auf der anderen Seite geht es mit Sonne, Merkur und Pluto in Wassermann, einer Merkur-Uranus-Rezeption sowie dem Quincunx-Aspekt zwischen Sonne und Uranus um das Aufbrechen verkrusteter Strukturen und die Verwirklichung von Utopien. Diese Wesensanteile zeigen uns jemanden, der sich nicht anpassen mag, der seinen ganz persönlichen Weg geht und in so manchen musikalischen Bereichen – wie zum Beispiel in der Liedkomposition - ein großer Neuerer ist. Beide Anteile zusammen (Intuition und Inspiration) bilden die Grundlage für das grandiose Werk, das uns Franz Schubert hinterlassen hat. Zusammengeführt werden diese unterschiedlichen Charakterzüge durch ein Sonne-Neptun-Quadrat, das zwar auf große Einfühlsamkeit, manchmal sogar Traumverlorenheit, hinweist und auf eine Persönlichkeit, die nicht in sich selbst verankert ist. Dem fehlenden Urvertrauen und der Suche nach der eigenen Identität stellt Schubert seinen künstlerischen Selbstausdruck durch die Musik entgegen. Das Beste, was er in so einem Fall – und mit seinem Talent – tun kann.
Aber wer hätte vermutet, dass der stärkste Planet in Schuberts Radix ein Widder-Mars ist? Durchsetzungsstark, sportlich, kämpferisch – sind das die Attribute, die wir dem Komponisten zugestehen würden? Spontaneität und Lebenskraft zeichnen einen Menschen mit Widder-Mars aus, diese befähigen ihn zu außergewöhnlichen Leistungen, doch hat er oft Mühe, Projekte geduldig zu Ende zu führen, denn Geduld ist nicht seine Stärke. Nun hat Franz Schubert aber in seinem kurzen Leben über 600 Lieder, 7 vollständige und 5 unvollendete Symphonien, Ouvertüren, Bühnenwerke, Klavier- und Kammermusik sowie Messen komponiert, also ein vielfältiges und reiches Werk hinterlassen. Dieses zu schaffen, scheint ihm leichtgefallen zu sein, denn manchmal komponierte er kurzerhand ein Lied, wenn er im Wirtshaus seine Zechschulden nicht bezahlen konnte.
Es stimmt, Mars steht in Widder stark, hier noch dazu im 11. Haus (als Herr von 11), einem Wassermann-Haus. Schubert, das ist bekannt, hatte einen großen Freundeskreis, der ihn Zeit seines Lebens moralisch und auch finanziell unterstützte und ihm die Familie ersetzte. Mit Hilfe seiner Freunde wurden musikalische Soireen, die sogenannten Schubertiaden, ins Leben gerufen, die ihm öffentliche Bekanntheit, auch über Wien hinaus, verschafften. Und auch er wendete viel Energie für seine Freunde auf. Mars bildet aber ein gradgenaues Quincunx zu Neptun im 5. Haus und ein nicht ganz so exaktes Quincunx zu Uranus im 4. Haus, also eine Yod-Figur mit Mars als Apex-Planet. Mars/Neptun lähmt die Energie, schwächt und verunsichert die Männlichkeit, bedeutet aber auch ein friedliebendes, entgegenkommendes Wesen sowie die Sehnsucht nach (männlicher) Zärtlichkeit. Mars/Uranus wiederum will Konventionen abschütteln, die aus seiner Herkunft herrühren. Neuere Forschungen meinen beweisen zu können, dass Schuberts Verhältnis zu seinen engen Freunden, insbesondere zu dem Schauspieler Franz von Schober und dem Dichter Johann Mayrhofer, nicht rein platonischer Natur war, sondern homosexuelle Züge aufwies. Mit beiden lebte er zeitweise zusammen.
Liebesaffären mit Frauen sind hingegen nicht bekannt. Schwärmereien dürften ihm im späteren 19. Jahrhundert angedichtet worden sein. Allerdings dürfte sich Schubert in jungen Jahren bei einer Prostituierten mit Syphilis infiziert und an den Langzeitfolgen sein Leben lang gelitten haben, die letztendlich auch für den frühen Tod (Todesursache Typhus) verantwortlich waren. Auf eine schwache Gesundheit weist vor allem das Quadrat zwischen der Sonne und Neptun hin, sowie die Stellung von Saturn als Herr von 8 in 12. Außerdem läuft die Sonne auf Pluto, den Herrscher des 6. Hauses, zu.
Das Besondere im Horoskop dieses genialen Musikers ist auch noch eine zweite Yod-Figur, diesmal mit Uranus als Apex-Planet, der Quincunxe zur Sonne und zu Mars bildet. Hier sehen wir einen Menschen, der seinen eigenen Weg verfolgt und sich gegen alles zur Wehr setzt, was sich diesem Weg entgegenstellen könnte. Das kurze Intermezzo als Schulgehilfe seines Vaters beendete Schubert nach 2 Jahren, um sich ganz dem Komponieren widmen zu können.
Uranus im 4. Haus lässt sich wunderbar mit einem der bekanntesten Lied-Titeln aus dem Liederzyklus „Winterreise“ assoziieren: „Fremd bin ich eingezogen – fremd zieh ich wieder aus.“ Aus dem Familiennest ist Schubert geflüchtet, um sich selbst zu verwirklichen, was ihm auf großartige Weise gelungen ist.
Wenn wir dieses genialen Komponisten und großen Sohn Wiens gedenken wollen, dann am besten, indem wir uns eines seiner Werke anhören. Ich wage zu behaupten, dass es für jeden Geschmack ein solches (mindestens) gibt.
© Sigrid Farber, Astromaster®